Gehör
Michael Ronner
Michael Ronner Experte für Technik & Hörakustik

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Unter Gehör versteht man die Fähigkeit, akustische Signale aufzunehmen und zu einer Sinneswahrnehmung zu verarbeiten. Neben den aussen sichtbaren Ohrmuscheln gehören weitere Organe im Inneren, Nervenbahnen und Zentren im Gehirn dazu. Hören ist der zweitwichtigste Sinn des Menschen.

Das Ohr besteht also nicht nur aus den äusserlich sichtbaren Ohrmuscheln, sondern aus Aussenohr, Mittelohr, Innenohr, Hörbahnen und dem Sprachareal im Hirn.

 

Wie funktioniert das Gehör?

Hören ist immer mit Schallwellen verbunden. Diese Klang- erzeugenden Schwingungen sind überall auf der Erde: Naturgeräusche, Stimmen, Musik, Lärm, der Wind usw. Die Fähigkeit, Schall zu einem hörbaren Ton oder Klang zu verarbeiten, bezeichnet man auch als auditive oder akustische Wahrnehmung. Bei Menschen besteht der Gehörsinn und dessen anatomischer Aufbau, also nicht nur die Ohren im Wesentlichen aus den folgenden Abschnitten.

Aussenohr:
Dem Aussenohr mit der Ohrmuschel, den Ohrläppchen und dem Gehörgang – Schall wird aufgefangen, komprimiert und weitergeleitet.

Mittelohr:
Das Mittelohr besteht aus dem Trommelfell und den drei Gehörknöchelchen (Hammer, Amboss, Steigbügel) – Schallimpulse werden umgewandelt.

Innenohr:
Im Innenohr treffen Schallwellen auf die Sinneshärchen (Haarzellen / Zilien) der Hörschnecke und die Basilarmembran – Schallwellen werden in elektrische Impulse übersetzt.

Über den Hörnerv wandern diese Impulse weiter zum Gehirn. Dort findet die eigentliche Umsetzung in eine Sinneswahrnehmung statt. Erst das Gehirn entscheidet darüber, was wir bewusst „hören“.

Das menschliche Gehör ist eines unserer wichtigsten Sinnesorgane

Unser menschliches Gehör wandelt Schallwellen im Gehirn in Sprache um

 

Kognitives Hören - subjektive und objektive Wahrnehmung

Jeder Mensch hört Töne also anders. Neben der reinen körperlichen Hörfähigkeit spielen persönliche Wahrnehmungspräferenzen eine Rolle. Das Gehirn kann als unwichtige erachtete auditives Signale ausfiltern, sprich wichtige Töne von unwichtigen trennen. Töne und Klänge erreichen dann nicht unsere bewusste Wahrnehmung. Andere dagegen können überbetont werden, was nichts mit der Lautstärke zu tun hat. So filtert das Gehirn mancher Menschen Vogelgezwitscher als unwichtigen Schallreiz heraus. Oder fokussiert sich auf Gesprochenes im Lärm vor den Hintergrundgeräuschen - Das Gehirn einer Mutter zum Beispiel ist auf Geräusche des Babys fokussiert. Sie nimmt diese Reize durch emotionale Verknüpfungen bevorzugt auf.

Auf Geräusche von Kinder reagieren Frauen anhand der Evolution eher als Männer

Auf Geräusche von Kinder reagieren Frauen anhand der Evolution eher als Männer.

So erwacht die Mutter beim Babygeschrei in der Nacht, währenddessen der Vater weiterschläft. Umgekehrt erwacht der Mann bei auffälligen Geräuschen, welche einen Eindringling, respektive Einbrecher vermuten lassen, während die Frau weiterschläft. So hat die Evolution das Gehör von Mann und Frau während tausenden von Jahren geprägt.

 

Hören dient der Orientierung

Gemeinsam mit dem Sehen sind Schallwahrnehmungen die wichtigsten Umweltsignale. Sie liefern uns eine auditives „Bild“ unserer Umgebung - In angenehmen Schallfeldern sind wir entspannt und fröhlich. Genauso gut kann uns der Hörsinn vor Gefahren warnen (ein sich näherndes Auto oder ein Gewitter). Menschen können dank der Stimme und der Hörfähigkeit sehr komplex untereinander kommunizieren. Vermutlich trugen diese Fähigkeiten entscheidend zu unserer hohen Entwicklung bei. Das Richtungshören hilft uns bei der räumlichen Orientierung. Hier arbeitet das Gehör eng mit dem Gleichgewichtssinn zusammen. Gehörlose haben normalerweise dennoch keine Probleme mit der Orientierung. Bei ihnen ist das Sehen stärker ausgeprägt. Ausserdem können sie Schallwellen intensiver mit dem ganzen Körper wahrnehmen. Sie empfinden beispielsweise das Vibrieren von Autos oder Strassenbahnen deutlicher als Hörende.

 

Das absolute Gehör ist eine Besonderheit

Als absolutes Gehör bezeichnet man die Fähigkeit, einzelne Töne exakt zu erkennen und die Frequenz (Einheit: Hertz) Höhe zu bestimmen. Absoluthörer können den Ton zielsicher in ein Notensystem einordnen - Musikgenies wie Mozart, Bach oder Jimi Hendrix sollen diese Fähigkeit besessen haben. Forscher gehen heute sogar davon aus, dass alle Kinder mit einem absoluten Gehör geboren werden. Erst im Laufe der auditiven Prägung geht es bei den meisten Menschen verloren. Man kann sich diese Hör-Besonderheit wieder antrainieren. Allerdings ist das schwerer, als eine natürliche Begabung dafür zu haben. Untersuchungen an Musikstudenten zeigten, dass Menschen mit tonal- melodischen Muttersprachen (Tonsprachen wie das chinesische Mandarin) fast immer ein absolutes Gehör haben. In diesen Sprachen können nahezu gleich klingende Silben vollkommen verschiedene Bedeutungen annehmen. Erst die Tonhöhe entscheidet über die eigentliche Aussage.

 

Menschliches Hörfeld und hörbare Frequenzen

Das menschliche Ohr ist ein sensibler Schallempfänger für Töne und Geräusche aus unserer Umwelt. Der kleinste Lautstärkepegel, welchen der Mensch wahrnehmen kann, wird als Ruhehörschwelle bezeichnet. Bei ungefähr 4kHz liegt die grösste Empfindlichkeit unseres Gehörs. Neben der Ruhehörschwelle gibt es noch die Unbehaglichkeitsschwelle welche subjektiv von Mensch zu Mensch variiert. Die Unbehaglichkeitsschwelle umschreibt den Pegel, ab welchem uns ein Ton unangenehm laut wird. Die Schmerzschwelle liegt oberhalb dieser Unbehaglichkeitsschwelle.

Zwischen Ruhehörschwelle und Unbehaglichkeitsschwelle liegt das Hörfeld, auch Hörfläche, Hörbereich oder Hörzone genannt. Das Hörfeld wird vom Menschen im Alltag nur selten mit seinen Frequenzgrenzen und Dynamikgrenzen genutzt. Das Dynamikfeld umschreibt den Laustärkepegel von ruhig bis laut und das Frequenzfeld beschreibt die Töne von den Basstönen bis hin zu den hohen hellen Tönen.

  • Die Hörflächen Laustärke Grenzen liegen in etwa bei einem Schalldruckpegel zwischen 0 und 120 dB SPL (Abk. für Dezibel und Sound Preassure Level). 
  • Die Hörflächen Frequenz Grenzen liegen in etwa zwischen 16 Hz (Einheit Hertz) und 20 kHz (Einheit Kilohertz).

Da der äussere Gehörgang bei Frauen eine andere anatomische Form und Grösse hat als bei Männern, weist die mittlere Hörschwelle bei beiden Unterschiede auf. Frauen haben eine erweiterte Gehörgangs- Resonanz und die Hörschwelle liegt vor allem bei höheren Frequenzen bei etwas niedrigeren Pegeln. Zudem lässt die Empfindlichkeit des Gehörs bei Frauen im Alter im Durchschnitt weniger nach als bei Männern.