Ohrstück
Michael Ronner
Michael Ronner Experte für Technik & Hörakustik

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Das Ohrstück, auch Ohrpasstück genannt, ist ein wichtiger Bestandteil eines Hinter-dem-Ohr Hörgerätes. Wir unterscheiden Standard Schirmchen aus weichem Silikon und klassische Otoplastiken aus Kunststoffen, Silikon oder Metallen wie Titan. Eines haben die Ohrstücke gemein, sie garantieren den sicheren Halt im Gehörgang, belüften und dichten diesen zugleich ab, so dass keine akustischen Rückkopplungen entstehen.

Ein klassisches Ohrstück gehört zum Hörgerät wie der Lautsprecher zur Musikanlage. Denn der Lautsprecher im Hörsystem hinter dem Ohr leitet die Schallwellen über einen Schallschlauch über das Ohrstück in den Gehörgang und setzt das Trommelfell in Schwingung. Ohrstücke werden nach dem individuellen Ohrabdruck angepasst und müssen einen hohen Tragekomfort bieten, ansonsten gibt es Druckstellen und Ohrenentzündungen. Zudem werden bei Allergien spezielle Materialien für das Ohrstück verwendet.

 

Ohrstück aus Acryl-Glas oder Silikon

In der Regel werden Ohrstücke aus Acryl-Glas gefertigt. Dieses Material ist gut verträglich und kostengünstig. Benötigt man jedoch mehr Dichtigkeit, weil das Hörgerät eine Rückkopplung (Pfeifen) aufweist, so ist unter Umständen Silikon wegen der besseren Dichtigkeit (weicher) geeigneter. Auch bei Kindern mit Hörgeräten macht der Hörakustiker bei der Hörgeräteanpassung Silikon-Ohrstücke. Diese müssen jedoch im Wachstum häufig erneuert werden, da das Kinderohr ebenfalls wächst.

 

Ohrstück aus Gold, Titan oder mit Thermo-Kunststoff

Sollte nun ein Kunde eine Allergie bei seinem Ohrstück gegenüber dem klassischen Acryl aufweisen, so bestehen die Möglichkeit von alternativen Materialien wie vergolden, Titan oder Thermo-Kunststoffen. Diese Thermo-Kunststoffe haben geschützte Namen wie «Thermotec», «Variotherm» usw. Die Namen verraten es, diese Materialien unterliegen thermischen Einflüssen. Bedeutet, je nach Körpertemperatur passen sich diese an. Zudem können diese «schnaufen» und lassen z.T. durch ihre «Poren» Luft, was bei solchen Kunden wichtig sein kann.

Das Ohrstück hat den Zweck die Schallwellen vom Hörgerät auf das Trommelfell zu übertragen. Zudem sorgt dieses dafür, dass das Hörgerät nicht pfeift (Rückkopplung). Jedoch hat es auch den Nachteil das Ohr zu verschliessen. Die Herausforderung für den Hörakustiker ist es, das Ohr so offen zu lassen wie möglich und so geschlossen wie nötig. Eine maximale Belüftung wird angestrebt. Dies nach der einfachen Formel eines «Helmholtz resonators». Bei der Altersschwerhörigkeit (Presbyakusis) hören die viele Kunden die Basstöne noch gut, einzig hohe helle Töne fehlen. Diese Basstöne nehmen nun über die Zusatzbohrung den geringsten Widerstand zum Ohr, was die Geräte natürlicher klingen lässt. Dies kann ein Nachteil eines Im-Ohr-Hörgerät sein, welches unter Umständen zu wenig Platz für eine genügend grosse Zusatzbohrung hat.

Passgenaues Ohrstück durch einen Gussabdruck

Die Herstellung eines Ohrstücks ist nach wie vor zu einem grossen Teil Handarbeit

 

DOM oder Schirmchen Ohrstücke bei RIC-Hörsystemen als Provisorium

Das RIC-Hörgerät wird häufig mit einem sogenannten DOM oder Schirmchen angepasst. Der Vorteil eines DOMES, unentschlossene Kunden mit Hörverlust haben die Möglichkeit unverbindlich in ein Hörsystem reinzuhören. Ab mittleren- stärkeren Hörverlusten wird jedoch ein individuell angepasstes Ohrstück empfohlen da sonst die Elektronik eingreift, um das Rückkoppeln zu verhindern. Dies zu Lasten der hohen- hellen Töne welche der Kunde ja benötigt. Dies wäre fatal für das Sprachverstehen.

Bei RIC Hörsystemen werden die Lautsprecher in das Ohrstück eingebaut. Hörgeräte zum Beispiel benennt diese speziellen Otoplastik «cShell» (cSchale). Vorteil dessen ist es gegenüber Im-Ohr Hörsystemen, dass nur der Lautsprecher und weder eine Hörgerätebatterie noch andere Elektronik die Belüftungsbohrung mindert.

 

Passgenaues Ohrstück durch einen Gussabdruck

Um ein Ohrstück zu produzieren muss vom Hörgeräteakustiker ein Ohrabdruck (Guss) genommen werden. Dies geschieht ähnlich wie beim Zahnarzt, wenn dieser einen Abdruck von den Zähnen macht mittels 2-komponenten Silikon. Dieser ist flexibel und innerhalb weniger Minuten trocken. Dieses sogenannte Positiv wird nun weiterverarbeitet.

In der digitalen Zeit wird das Handwerk auch hier verlagert. Fertigte früher das Otoplastik-Labor die Ohrabdrücke für die Ohrstücke noch über eine Gipsform (Negativ), so wird dieser heute im 3D Scanner von 360° gescannt. Diese Datei kann der Hörakustiker einfach an das Labor via E-Mail zustellen.

 

Otoplastik Modelling via 3D CAD Software

Das Otoplastiklabor liest die 3D Datei des Abdrucks vom Hörakustiker aus und modelliert nun am Computer anhand eines speziellen 3D CAD Programmes. Mit Hilfe eines 3D Druckers oder Printer wird das Ohrstück auf den Hundertstel-Millimeter genau modelliert und dem Hörakustiker zugestellt. Ob mit eingebautem Lautsprecher oder ohne, für jeden Kunden individuell und massgefertigt.