Gebärdensprache
Adrian Meier
Adrian Meier Redaktor für Gesundheit

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SGS ist die Abkürzung für die Schweizer Gebärden Sprache. Die Gebärdensprache handelt sich um eine eigenständige Sprache, die aus Gestik, Mimik und Körperhaltung besteht. Die SGS folgt eigenen grammatikalischen Regeln. Sie ist als offizielle Sprache in der Schweiz anerkannt und wird von Menschen mit Hörbeeinträchtigung oder als Mittel der unterstützten Kommunikation von Menschen mit sprachlichen Einschränkungen genutzt.

Die SGS ist eher im Verborgenen entstanden. Sie entwickelte sich an Schulen oder in Gemeinschaften hörbeeinträchtigter Menschen. Aus diesem Grund gab es zuerst auch keine einheitliche Gebärdensprache mit gemeinsamen Regeln, sondern Gebärden variierten stark von Region zu Region und sogar Ort zu Ort. Bis zu den sechziger Jahren war die Gebärdensprache überhaupt nicht ausreichend erforscht.

 

Wie ist die SGS entstanden?

Die SGS ist eher im Verborgenen entstanden. Sie entwickelte sich an Schulen oder in Gemeinschaften hörbeeinträchtigter Menschen. Aus diesem Grund gab es zuerst auch keine einheitliche Gebärdensprache mit gemeinsamen Regeln, sondern Gebärden variierten stark von Region zu Region und sogar Ort zu Ort. Bis zu den sechziger Jahren war die Gebärdensprache überhaupt nicht ausreichend erforscht. Man war der Ansicht, dass es sich nur um eine willkürliche Abfolge von Gesten handelte. Den ersten Forschungsschritt unternahm man in den USA. Der amerikanische Linguist William Stokoe erforschte die Amerikanische Gebärdensprache und fand heraus, dass es sich um eine eigenständige Sprache mit eigenen Regeln und eigener Grammatik handelt. Erst dann begann man, offizielle Grammatikregeln einzuführen und Schulungen durchzuführen. Bis heute gibt es grosse Unterschiede zwischen Regionen und natürlich auch zwischen verschiedenen Ländern. Meist einigt man sich in der Unterhaltung auf eine gemeinsame Ausführung einer Gebärde. So kann man sich oft gut verständigen.

 

Welche Formen der Gebärdensprache gibt es?

Gebärdensprache

Neben der SGS gibt es beispielsweise noch die Amerikanische Gebärdensprache (American Sign Language; ALS) oder die Britische Gebärdensprache (British Sign Language; BLS). Generell kann man aber sagen, dass jedes Land seine eigene Gebärdensprache hat. Aber auch innerhalb eines Landes gibt es nicht nur eine Form der Gebärdensprache. So haben sich zum Beispiel in der Schweiz verschiedene Sprachen und Dialekte der SGS entwickelt. Es gibt die Deutschschweizer Gebärdensprache(DSGS), Französische Gebärdensprache (LSF) und Italienische Gebärdensprache (LIS). Es gibt Vokabeln, die nur in bestimmten Regionen bekannt sind und verwendet werden. Dazu zählen auch sogenannte Idiome. Diese sind vergleichbar mit Redewendungen. Weltweit gibt es mindestens 137 verschiedene Gebärdensprachen.

 

Wann wird die SGS Gebärdensprache verwendet?

Gebärdensprache wird hauptsächlich von Menschen verwendet, die nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt hören können. Zusätzlich kann es auch vorkommen, dass diese aufgrund ihrer Hörbeeinträchtigung keine Lautsprache ausgebildet haben oder diese nur begrenzt benutzen können. Lautsprache wird erlernt über ein hörfahige Gehör mit oder ohne Hörsystem. In solchen Fällen wird heutzutage sehr schnell darauf gesetzt, betroffenen Kindern Gebärdensprache beizubringen. Oft wird dann mithilfe eines Hörtests die Hörfähigkeit festgestellt, wenn bei einem Kind der Verdacht auf eine Hörbeeinträchtigung und einem Hörverlust besteht. Manchmal kann ein Gehörschaden mit Hörgeräten nur bedingt oder gar nicht ausgeglichen werden. Eine weitere Option wäre dann der Einsatz eines sogenannten Cochlea-Implantats. Hierbei handelt es sich um eine Art Hörgerät, dessen Elektronik mit dem Hörnerv verbunden wird und so ein Hören ermöglicht. Ist der Hörnerv von Geburt an nicht richtig ausgebildet, ist der Einsatz eines solchen Hörgeräts auch nicht sinnvoll. Hier ist es dann ratsam, den Kindern schnell SGS beizubringen, um Entwicklungsverzögerungen zu vermeiden. Oft müssen Eltern dann gemeinsam mit ihren Kindern diese Sprache erlernen.
Ein weiteres Einsatzgebiet für die SGS ist die unterstützte Kommunikation. Dieses Themenfeld findet sich oft im Kontext von Menschen mit geistiger Behinderung wieder. Diese verfügen manchmal auch nicht über ausreichende Lautsprache. In solchen Fällen wird dann die SGS oder eine Abwandlung dieser mit den Kindern und Jugendlichen eingeübt, sodass diese sich verständigen können. Häufig werden hierbei aber nur einzelne Wörter oder Sätze beigebracht, die es den Betroffenen ermöglichen sich zu äussern. Oft wird Gebärdensprache auch zur Unterstützung der Lautsprache eingesetzt, um eine zusätzliche Darstellungsmöglichkeit anzubieten.

 

Welche Regeln gibt es in der SGS Gebärdensprache?

In der SGS gibt es eigene Regeln und eine eigene Grammatik. Es gilt beispielsweise die Wortstellung "Subjekt, Objekt, Verb". Verben werden nicht flektiert, sondern immer in ihrer Grundform verwendet. Weiterhin gibt es sogenannte Richtungsverben. Diese führen immer zu der Person, an die sie gerichtet sind. Viele Dinge oder Grössen werden nicht durch eigenständige Wörter dargestellt, sondern durch Positionen oder Verwendung von Handflächen oder Fingerstellungen. Auch die Handstellung ist für die Bedeutung eines bestimmten Wortes entscheidend. Weiterhin muss zusätzlich Mimik und Körperhaltung eingesetzt werden, um den endgültigen Sinn eines Wortes klar zu machen. Es gibt viele Wörter, die die gleiche Gebärde haben und deren Bedeutung erst aus dem Kontext des jeweiligen Satzes ersichtlich wird. Die hier beschriebenen Regeln sind nur eine Einführung in die sehr komplexe und umfangreiche Grammatik der SGS und sollen nur einen ersten Überblick bieten, haben aber keineswegs einen Anspruch auf Vollständigkeit.

 

Welche Rechte gelten für Menschen mit Hörbeeinträchtigung?

Menschen mit Hörbeeinträchtigung haben dank den Entscheidungen der UN-Behindertenrechtskonvention von 2009 Rechte, die sie geltend machen dürfen. Sie haben das Recht auf Inklusion und unbeschränkte Teilhabe an der Gesellschaft. Hierzu zählt beispielsweise der Einsatz von Hilfsmitteln wie Hörgeräten oder sogenannten Cochlea-Implantaten. Ob die Inanspruchnahme einer solchen Hörhilfe sinnvoll ist, kann mittels eines Hörtests herausgefunden werden. Mit der Beschaffung und Bezahlung von Hilfsmitteln ist aber noch lange keine Inklusion erreicht. Für Behördengänge oder wichtige Erledigungen, wie beispielsweise Arztbesuche beim HNO Ohrenarzt, darf sich eine gehörlose Person einen Gebärdensprachdolmetscher oder eine Gebärdensprachdolmetscherin zur Hilfe holen. Dieser oder diese werden dann von der Krankenkasse bezahlt. Eine Genehmigung für den Einsatz eines Dolmetschers oder einer Dolmetscherin zu erhalten, ist aber nicht einfach. Anträge müssen weit im Voraus gestellt werden und werden nur bei von den Behörden als bedeutsam angesehen Terminen auch gestattet. Der Schritt zur vollständigen Inklusion gehörloser Menschen ist also noch ein grosser. Dies gilt auch für alle Einrichtungen öffentlichen Lebens. Man denke nur einmal an eine Fahrt in einem Aufzug, bei der der Fahrstuhl stecken bleibt. Wie sollen taube und somit gehörlose Menschen die Notrufsprechstelle kontaktieren? In dieser Notfallsituation wird nicht an Menschen mit Behinderung gedacht. Aber auch in Situationen des täglichen Lebens, für die keine Gebärdensprachdolmetscherin oder kein Gebärdensprachdolmetscher zur Verfügung gestellt werden, können gehörlose Personen Schwierigkeiten bekommen. Wenn sie bei der Supermarktverkäuferin nach den Allergenen fragen wollen oder Hilfe beim Finden eines Wegs benötigen, kann es mitunter sehr schwierig werden, sich zu verständigen. Viele Mitmenschen reagieren auch wütend oder fühlen sich zurückgewiesen, wenn gehörlose Menschen nicht auf ihre Ansprache reagieren. Der Weg zur Inklusion, also vollständigen Eingliederung von gehörlosen Menschen ist also ein weiter - da hilft der blosse Einsatz von Hörgeräten noch nicht wirklich weiter. Mit gutem Beispiel voran geht etwa Amerika. In den USA lernen viele Kinder und Jugendliche bereits die American Sign Language in der Schule. Dies wäre auch leicht an schweizerischen Schulen umzusetzen. So werden gehörlose Menschen einfacher und schnell in die Gemeinschaft integriert.

 

Wie geht es Kindern von Menschen mit Hörbeeinträchtigung?

Hörende Kinder von gehörlosen Eltern nennt man auch CODAs (Children Of Death Adults). Diese Kinder brauchen häufig früh eine sprachliche Zusatzförderung, da sie meist nur mit der Zeichensprache ihrer Eltern aufwachsen. Ihre Erziehung ist mit der von zweisprachig aufwachsenden Kindern vergleichbar. Manche solcher Kinder sprechen oft von einer erlebten Isolation oder Zusatzbelastung, weshalb es spezielle Förderprogramme für Kinder gehörloser Eltern gibt. Bei ausreichender Förderung sind bei diesen Kindern aber keine Nachteile gegenüber ihren Altersgenossen zu vermerken.

 

Was sich Menschen mit Hörbeeinträchtigung wünschen...

Menschen mit Hörbeeinträchtigung oder einer starken Schwerhörigkeit wünschen sich vor allem Toleranz. Der Versuch mit ihnen zu kommunizieren, liegt ihnen am Herzen. Dennoch sollte man nicht in Pantomime oder Schauspiel verfallen, weil sie sich dadurch oft lächerlich gemacht fühlen. Es wäre schön, wenn sich mehr Menschen bemühen, Grundlagen der SGS zu erlernen. Schliesslich kann es auch den einen oder anderen früher oder später betreffen, dass er nach einem Hörtest ein Hörgerät benötigt oder einen dauerhaften Hörschaden erleidet. Am wichtigsten ist jedoch: nicht wegschauen, sondern unterstützen!

 

Begriff «Taubstummensprache» ist überholt

Der Begriff «Taubstummensprache» wird heute als diskriminierend empfunden und wurde durch den Begriff Gebärdensprache ersetzt. Die «Gebärde» ist eine nonverbale Kommunikation und entwickelt sich laufend weiter. Früher war es noch der Fall, dass viele Gehörlose zugleich laute von sich gaben, welche von gut hörenden Menschen nicht verstanden wurden, darum der Begriffszusatz «stumm». Dies ist heute nur noch selten der Fall, denn heute werden Babys und Kinder bei einem Hörverlust mit einem Hörgerät oder Implantat versorgt. Direkt nach der Geburt wird ein sogenanntes Neugeborenen-Screening durchgeführt. Dies ist eine Art Hörtest. Fällt dieser negativ aus, so erhält das Kind eine Hörhilfe. Man weiss heute, dass sich die Hörbahnen im Gehirn in den ersten fünf Lebensjahren entwickeln. Früher hatte man bei Kindern unter 5 Jahren die «stammelten» das Gefühl, sie seine Taub und damit «behindert», dabei hatten diese lediglich eine Hörstörung und hörten ihre Umwelt nicht oder lediglich gedämpft. Somit konnte sich Ihr Gehör nicht entwickeln. Heute dank moderner Technik und frühzeitiger Erkennung, ist es möglich ein Kind zu versorgen, so dass es seine akustische Umgebung wahrnehmen kann und durch dies auch lernen, kann normal zu sprechen. Aus diesem Grund hört man heute selten einen Menschen, welcher noch «stammelt» und als «stumm» bezeichnet wird.

 

App und Videos für Gebärdenalphabet oder Fingeralphabet

Dank moderner Technik gibt es heute eine Vielzahl an Gebärdensprache App-Programmen, Video-Blogs, Lexikon und gar Übersetzern auf unseren Smartphones und im Internet. Wer sich für das Fingeralphabet (Daktylologie, alt Gebärdenalphabet) interessiert, findet online sofort unzählige Seiten, um diese ausserordentliche Sprache zu lernen. Viele Interessierte starten mit «ich liebe Dich», «Danke» oder den Wochentagen und merken dann, dass diese hochspannende Sprache sehr anspruchsvoll ist.